Rechtliche Grundlagen

Das kantonalbernische Gemeindegesetz (GG) vom 16. März 1998 zählt in Art. 2 die Gemeindetypen auf, die dem Gemeindegesetz als öffentlich-rechtliche Körperschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit unterstehen: Dazu gehören auch die Burgergemeinden und die burgerlichen Korporationen.

In Art. 117 GG wird dazu näher ausgeführt:
„Als burgerliche Korporationen werden die Gesellschaften und Zünfte der Burgergemeinde Bern anerkannt“, also auch die Gesellschaft zu Ober-Gerwern. Im Unterschied zur Einwohnergemeinde Bern verfügen die Burgergemeinde Bern und auch die Gesellschaft zu Ober-Gerwern über kein Territorium, sie sind reine Personalgemeinden.

Satzungen der Gesellschaft zu Ober-Gerwern, Bern, Art. 15-18

Das Grosse Bott setzt sich aus den stimmberechtigten Gesellschaftsangehörigen zusammen und bildet die Gemeindeversammlung (Legislative).

Das Grosse Bott versammelt sich zwei Mal jährlich, im Frühling und Herbst. Eingeladen werden alle stimmberechtigten, in der Schweiz wohnhaften Gesellschaftsangehörigen.

Das Grosse Bott wird durch den Obmann bzw. die Frau Obmann geleitet. Die wichtigsten Aufgaben des Grossen Bottes sind:

  • Satzungsänderung, -erlass, -aufhebung
  • Wahl der Mitglieder des Vorgesetztenbotts sowie der Rechnungsprüfer
  • Erteilung des Gesellschaftsrechts
  • Genehmigung des Voranschlags und der Rechnung
  • Beschlussfassung (ab bestimmter Betragshöhe)

Satzungen der Gesellschaft zu Ober-Gerwern, Bern, Art. 19-26

Das Vorgesetztenbott ist das vorberatende Organ des Grossen Bottes sowie das vollziehende Organ der Gesellschaft (Exekutive).

Das Vorgesetztenbott versammelt sich monatlich. Es besteht aus 13 Mitgliedern, die für eine Amtsdauer von 4 Jahren gewählt werden:

  • Obmann / Frau Obmann

sowie 4 Gesellschaftsbeamten:

  • Seckelmeister/Seckelmeisterin
  • Almosner/Almosnerin bzw. Amtsbeistand/Amtsbeiständin
  • Stubenschreiber/Stubenschreiberin
  • Stubenmeister/Stubenmeisterin

und weiter 8 Beisitzerinnen und Beisitzern. Die Amtsdauer der Beisitzenden ist auf drei Amtsperioden beschränkt.

Dem Vorgesetztenbott kommt eine subsidiäre Aufgabenkompetenz zu. Ihm obliegen unter anderem folgende Aufgaben:

  • Sozialhilfe sowie Kindes- und Erwachsenenschutz
  • Vermögensverwaltung
  • Unterstützung wohltätiger und kultureller Werke
  • Gewährung von Stipendien und Ausbildungsbeiträgen
  • Einsetzung von ständigen Kommissionen

Ständige Liegenschaftskommission

Der Hauptbestandteil des Gesellschaftsvermögens bildet ein umfangreiches Immobilien-Portefeuille, welches eine professionelle Verwaltung erfordert, um langfristig dessen Werterhaltung und -steigerung zu gewährleisten.

Die sachkundige, sorgfältige und mit einer langfristigen Politik ausgeübte Verwaltung von zahlreichen Liegenschaften erheischt zudem fortdauernd ein hohes Mass an zeitlichem Aufwand.

Um diesen Anforderungen in allen Belangen jederzeit zu genügen, besteht zur Entlastung des Vorgesetztenbottes eine Ständige Liegenschaftskommission SLK, die sich ausschliesslich der fachgerechten Behandlung von Liegenschafts- und Baufragen widmet.

Ihre Aufgaben umfassen im Wesentlichen:

  • die rollende Erarbeitung von mittelfristigen Unterhalts- und Investitionsplänen für sämtliche Immobilien der Gesellschaft
  • die Aufsicht über alle laufenden Unterhalts- und Bauprojekte
  • das Unterbreiten eines jährlichen Rechenschaftsberichtes zuhanden des Vorgesetztenbottes

Innerhalb einer klar geregelten Abgrenzung der Finanzkompetenzen zwischen den einzelnen Organen der Gesellschaft entscheiden, je nach der Höhe eines jeweiligen Investitionsvorhabens, die SLK, das Vorgesetztenbott oder das Grosse Bott über die Genehmigung des geplanten Kredites. In jedem Fall verbleibt die SLK jedoch verantwortliche Instanz für den Unterhalt der Immobilien, die Planung und das Umsetzen aller Bauprojekte.

Die Ständige Liegenschaftskommission wird durch das Vorgesetztenbott auf unbestimmte Zeit gewählt und setzt sich aus 5 Mitgliedern zusammen. Der Seckelmeister führt von Amtes wegen den Vorsitz, je 2 Mitglieder werden aus der Mitte des Vorgesetztenbottes, bzw. des Grossen Bottes gewählt.

Wie wird man Gesellschafter

Die Gesellschaft zu Ober-Gerwern vereinigt alle Burgerinnen und Burger von Bern, die auf Ober-Gerwern das Gesellschaftsrecht besitzen. Das Gesellschaftsrecht ist erblich, es kann jedoch auch erworben werden, sei es durch Einkauf oder Schenkung. Bei einem Einkauf wird erwartet, dass zur Stadt Bern, zur Gesellschaft oder zu einer der Gesellschaft angehörigen Person ein besonderer Bezug besteht.

Eine Neuaufnahme setzt die gleichzeitige rechtskräftige Erteilung des Burgerrechts durch die Burgergemeinde Bern voraus. Alle Angehörigen der Gesellschaft zu Ober-Gerwern sind also zugleich Burgerinnen und Burger von Bern und auch Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bern (Einwohnergemeinde). Weitere Informationen über die Auswirkungen des neuen Namens- und Bürgerrechts auf das Burgerrecht findet man im Medaillon Nr. 18 der Burgergemeinde.

Die revidierten Satzungen vom Jahre 2012 halten hierzu in Art. 4 Folgendes fest:

1. Wer aufgrund seiner familienrechtlichen Beziehung zu Gesellschaftsangehörigen das Burgerrecht der Burgergemeinde Bern erhält, erwirbt damit das Gesellschaftsrecht.

2. Das Gesellschaftsrecht kann auch durch Aufnahme erworben werden.

3. Im Falle der Aufnahme setzt das Grosse Bott einen Aufnahmebetrag fest. Davon ist mindestens die Hälfte dem Armengut zuzuweisen.

4. Die Aufnahme kann in besonderen Fällen schenkungsweise erfolgen.

Die Aufnahme ins aktive Stubenrecht wird jeweils am Grossen Bott zeremoniell vollzogen. Nach Ablegen des Gelübdes wird man auf seine erste „Ehrenpflicht“ aufmerksam gemacht: Der oder die Neuaufgenommene soll einen „Fünfliber“ in den ledernen Geldbeutel des Armengutes legen.

Im Verlaufe des Abends, meistens nach dem Nachtessen, stellt sich jedes neu aufgenommene Gesellschaftsmitglied mit einigen humorvollen Sätzen dem Grossen Bott vor. Als Anerkennung dafür und zur „Besiegelung“ der Aufnahme dürfen anschliessend aus dem Gesellschaftsbecher ein oder mehrere Schlucke Wein genossen werden.

Finanzen

1. Das Gesellschaftsvermögen besteht aus dem Stubengut, dem Armengut und aus sieben Stiftunggütern:

a. Das Stubengut ist das frei verwendbare  Vermögen der Gesellschaft, mit dem die laufenden Kosten sowie die Steuern für alle Güter bezahlt werden.

b. Das Armengut dient, in Erfüllung des gesetzlichen Auftrages der Gesellschaft, ausschliesslich dem Zweck der Erbringung von Sozialhilfeleistungen (früher Fürsorgeleistungen) an Gesellschaftsangehörige mit Wohnsitz im Kanton Bern.

c. Die Stiftungsgüter der Gesellschaft sind im Wesentlichen aus Zuwendungen hervorgegangen, die bis ins Ende des 19. Jahrhunderts zurückgehen und die, zusammengefasst, der Unterstützung und Ausbildung von Gesellschaftsangehörigen sowie wohltätigen und kulturellen Zwecken dienen.

2. Das Gesellschaftsvermögen besteht aus Wertschriften und Guthaben, sowie aus 14 Liegenschaften.

Da die Gesellschaft als sogenannt öffentlich-rechtliche Körperschaft keine Steuern erheben darf – im Gegenteil, sie muss Steuern bezahlen – hat sie alle ihre Aufgaben allein aus dem Vermögensertrag zu finanzieren.